Face off – der Nissan GT-R

Er ist ein fürchterliches Auto. Grob, mächtig und vulgär. Mit absurden Spoilern und absurden Auspuffrohren. Und im tiefsten Winter, bei Schnee, überfrierender Nässe und überforderten Verkehrsteilnehmern sind 550PS dann auch irgendwie nicht das Richtige. Oder?

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 1Die Optik muss für ein Auto dieses Typs scheinbar so sein. Denn wenn der Nissan eine Art „Heritage“ hat dann jene, dass er nie besonders ästhetisch daherkam. Und wenn man im Auto sitzt, dann ist es auch besser. Nicht etwa, weil es an der Gestaltung des Interieurs weniger zu kritisieren gäbe – im Gegenteil – sondern weil Du einfach keine Zeit hast Dich mit Haarspaltereien aufzuhalten, sobald der Motor läuft.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 2Denn auch wenn man den ganzen Konfigurations-Display-Rundenzeiten-Querbeschleunigungs-Wahnsinn außer Acht lässt und einfach nur fährt ist der GT-R vor allem Eines: unfassbar schnell. Der Abzug ist derart bestechend, dass Du vor Freude alle optischen Unzulänglichkeiten auf der Stelle vergisst. Die Kombination aus unerschöpfbarem Drehmomentangebot, feinstem Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe ist einfach ein Traum. Brutal scheint ein passendes Adjektiv.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 3Wenn die Turbolader Luft geholt haben und der schwere Japaner mit einem heiseren Grollen an der grünen Ampel ablegt, dann hat das etwas wirklich Ergreifendes. Überhaupt, die Souveränität des Antriebs ist eine ganz besondere. Eben noch schnalzt er Dich auf die Pole-Position und im nächsten Atemzug rollt er im sechsten Gang bei Bummeltempo durch die Stadt. Das Fahrwerk ist dabei fast sogar so etwas wie komfortabel. Keine übertriebene Härte, keine unnötige Hektik – das Setup ist aus der Box einfach gut. Zum Glück, denn das hält einen davon ab in die Tiefen des Bordmenüs hinabzusteigen und dort irgendwelche Dinge zu verstellen, die man im Nachhinein besser gelassen hätte.

Und ja, der Wagen überfordert, irgendetwas piepst immer, und dann hast Du keine Ahnung, was Du jetzt wieder nicht korrekt wie ein japanischer Provinzbahnhofbeamter ausgeführt hast, eine Türe offen, ne, Kofferraum zu voll, auch nicht, etwas mit dem Schlüssel, keine Ahnung. Das nervt extrem.
– Peter Ruch

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 4Wenden wir uns also wieder dem Fahren zu. Dem echten, richtig böse schnellen, knocking-on-heavens-door-Fahren. Denn dafür wurde der GT-R gebaut. Nicht zum rückwärts einparken. Egal wie schlecht die Straße, egal wie glatt der Untergrund und egal wie eng die Biegung. Der Nissan macht es. Geschwindigkeiten scheinen für ihn keine Rolle zu spielen und selbst die groteskesten Eingaben an Lenkrad und Pedalen scheinen den Japaner völlig kalt zu lassen.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 5Gut, ein wenig Platz braucht er schon: Das rollt über die Vorderachse, rutscht auf der Hinterachse, die ganze Fuhre bewegt sich aktiv mit. Aber die Physik gilt eben auch für einen GT-R. Und wenn man mit einem beinahe-Zweitonner mit 190 durch die Landstraßenbiegung schießt, bei der der lokale Straßenmeister der Meinung ist 60 seien völlig ausreichend, dann darf das auch ein wenig arbeiten. Denn auch wenn das vielleicht ein wenig mehr auszuckt als Nachbars Golf, so zieht der Nissan eben doch bei jedem Tempo durch den Radius, anstatt am Kurvenausgang auf dem Dach liegend nach dem ADAC zu rufen.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 6Und wenn man sich darauf erst einmal eingeschossen hat und panisches aus-dem-Gasgehen beim ersten Heckschwenk unterlässt und stattdessen einfach humorlos weiter am Kabel zieht, dann schlägt die Stunde des großen Nissan. Besonders im Winter. Wenn alle anderen Verkehrsteilnehmer beim ersten ABS-Regeleinsatz vor lauter Furcht nur noch Schritttempo fahren. Da regeln die Sperren in Millisekunden, verteilen das Drehmoment bedarfsgerecht an alle Viere und es geht einfach nur nach vorne. Der GT-R schnalzt in die kleinsten Lücken, schnupft auch mal vier Bummelnde auf einmal.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 7Andere Autos können das auch, vielleicht sogar gefühlsechter, weil hemdsärmliger und weniger synthetisch? Sicher, das mag sein. Aber genau das ist der Reiz der Nissan. Im schweren Stiefel, mit Handschuhen und Sitzheizung bricht man auch bei grimmigstem Winterwetter jeden Morgen den Rekord auf dem Weg ins Büro aufs Neue. Ganz einfach so. Ohne große Mühe, ohne darüber nachzudenken. Er macht es einfach.

asphaltfrage.de | Testbericht Nissan GT-R | Wallpaper 8Natürlich hat all diese Herrlichkeit ihren Preis. Die Optik haben wir ja schon angesprochen. Auch der Durst ist etwas ungezügelt. Unter 16 Litern geht nichts, meist sind es 20 und mehr. Aber es ist ja nur für den Winter. Denn für den Sommer wartet ja schon der Elfer in der Garage. Denn im Sulz aus Schneematsch und Salzresten will man sich diesen besser nicht vorstellen. Der Nissan hat da kein großes Problem mit…

Alle Bilder des verkrusteten Nissan GT-R gibt es auf Flickr. Daneben noch weitere Textempfehlungen: einmal vom radical-mag, die eine sehr ähnliche Sicht auf die Dinge haben und uns freundlicherweise das Zitat geliehen haben. Unser Kollege Axel Griesinger hat seine Eindrücke mit unserem blauen Testwagen bei evocars aufgeschrieben, Bjoern Habegger und Jens Stratmann sind dieses Jahr einen weißen GT-R bei gutem Wetter gefahren.

Technische Daten:

Modell: Nissan GT-R Premium
Motor: 6 Zylinder Benziner Bitrubo, 3799cm³
Leistung: 404kW/550PS
Drehmoment:632Nm
Antrieb: Allrad, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
Verbrauch: 17.7l/100km Benzin
0-100km/h: 2.8sec
Vmax: 315km/h
Preis: ab 92.400 EUR

Text: Fabian Mechtel
Bilder: Andy Wiezorek

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