Der Ursprung? – Hyundai Genesis 3.8 Coupé

Lange ist es her, als die japanischen Automobilhersteller ihre ersten Gehversuche auf dem europäischen Markt wagten. Verlockend günstigen Preisen, umfangreichen Ausstattungen und sagenhafter Zuverlässigkeit zum Trotz taten sie sich in der ersten Zeit dennoch sehr schwer.

Dabei waren die Autos nie wirklich schlecht, doch gerade das Gestalterische und die Haptik der Autos aus Fernost entsprachen nicht den Vorstellungen der konservativen Käufer. Man lernte schnell und so sehen wir die japanischen Produkte heute – nicht nur dank eigens eingerichteter Designzentren in Europa – absolut auf der Höhe der arrivierten Konkurrenz. Bei Hybrid- und hochdrehender Vierzylinder-Technik spielt man sogar in einer Führungsrolle.

Doch dieser Lernprozess kostete viel Zeit – und genau an dieser Stelle profitierten die anderen asiatischen Hersteller von den Japanern. Den Vorsprung des früheren Markteintrittes in Europa machten gerade die Koreaner dadurch wieder wett, dass man aus den Fehlern der Pioniere gelernt hatte.

Natürlich ging auch in Korea nichts von 0-100, doch die Zeitspanne vom Rumpel-Megacity-Vehicle zum vorstadttauglichen Mini-SUV für Europa war bedeutend kürzer als bei den Japanern. Der Hyundai-Kia-Firmenverbund beispielsweise ist heute der siebtgrößte Fahrzeughersteller der Welt. Mit den Einsteigern wie Accent und Pony machte man den Anfang, steigerte sich mit dem Getz und führt nun mit den schicken i-Modellen eine Neuheit nach der anderen ein. Gerade die ix-SUV-Modelle sind seit der jüngsten Renovierung eine attraktive Alternative zu Konkurrenten wie Skoda Yeti, Toyota RAV4 und VW Tiguan.

Bei den Autos, die die Seele so richtig berühren, herrschte bei Hyundai trotzdem weiterhin eine gewisse Ratlosigkeit. Die alten Coupés mochten zwar mit einem 2.7-Liter großen V6 aufwarten können, doch Frontantrieb und magere 167PS sorgten weder für große Begeisterungsstürme in der Presse, noch in den Verkaufsräumen der Händler.

Man schien diesen Umstand erkannt zu haben und vor allem verändern zu wollen, denn das 2008 erstmals präsentierte Genesis-Coupé sollte im wahrsten Sinne des Wortes eine Art Ursprung für Emotionen bei Hyundai sein. Ein breites, flaches und scharf gezeichnetes Sportcoupé, welches nicht nur den Antrieb an der richtigen Achse spendiert bekam, sondern – vielleicht sogar noch wichtiger – einen richtigen Motor. Dem V6-Konzept blieb man treu, mit 3.8 Litern schenkte man dem neuen Sportler hubraumtechnisch dafür mächtig ein.

Doch wie so oft bekam man wieder kalte Füße was die Markteinführung in Europa anging: zu sehr auf den amerikanischen Markt angepasst, nur EU4-Abgasnorm und vielleicht zu vulgär und unpassend für den umweltsensibilisierten Markt in Europa. Auf den großen Messen zeigte man deshalb statt des großen V6 einen zivileren 2.0 Liter Vierzylinder, der mit Aluminiumblock, variabler Ventilsteuerung und Turbolader zwar auch auf beachtliche 210PS kommt, diese aber mit weit weniger verschwenderischem Umgang mit den fossilen Brennstoffen erreicht.

Die Resonanz des Publikums fiel positiv aus und so begann bei Hyundai die Phase der Typisierung für Europa. Ein langer Prozess und bisher nur für den kleinen Motor – für Martin aus Minden war das nicht tragbar und so importierte er zusammen mit USCars24 den echten Genesis. Nach einigen Umbaumaßnahmen an Beleuchtung und Fahrwerk war auch die Abnahme durch den TÜV geschafft und das erste 3.8er Genesis Coupé konnte in den deutschen Straßenverkehr eingeführt werden.

Sein, selbst in der komfortablen Grand Touring-Ausstattung, satt brodelnder V6 sorgt ebenso wie die flache Motorhaube für Aufsehen – die stämmige Hüftlinie und der Heckabschluss mit den beiden verchromten Endrohren inmitten des angedeuteten Diffusors tragen das Übrige zum Auftritt bei.

Im Innenraum empfängt das große Coupé seine Insassen mit großzügig und komfortabel geschnittenen Sportsitzen und der Blick wandert über die chromverzierten Bedienelemente auf der Mittelkonsole. Hier fordert ein Import natürlich seinen Tribut, schließlich sind sämtliche Tasten in englischer Sprache beschriftet, wie auch die Menüführung für Unbedarfte nicht auf Anhieb zu verstehen ist.

Gerade bei der Multimedia-Anlage wird das deutlich, denn die empfangbaren Radio-Bänder entsprechen der amerikanischen Norm und verstehen sich nicht wirklich gut mit dem deutschen Rundfunk. Dank MP3-CD-Player und AUX-Konnektivität stellt dies aber keinen großen Nachteil dar – mit den eigenen Medien kann man die Qualitäten des Infinity-Soundsystem sowieso viel besser genießen, als mit dem Störgeräusch-schwangeren Programm der Öffentlich-Rechtlichen.

Doch eigentlich geht es beim Genesis nicht um die Ausstattung und die Anfassqualität, diese ist bekanntlich bei den bereits erhältlichen Modellen auf einem soliden Standard – nein, das Sportcoupé soll etwas fürs Herz bieten.


Und das kann er. Sein Leerlaufgeräusch massiert das Trommelfell und schon im unteren Drehzahlbereich liefert der 303 HP starke V6 eine überzeugende Vorstellung ab: kein Durchhänger, kein Verschlucken, sondern ein harmonischer Drehmomentaufbau. Das der 3800RS genannte Treibsatz dann aber auch kein besonderes Ausbund an Drehfreude und Feinnervigkeit ist, ist seinem bärigen Charakter geschuldet und nicht weiter tragisch.

Es würde zudem nicht zur Fahrwerksauslegung passen, denn obwohl unser Testfahrzeug mittels eines Eibach-Federkits dezent tiefergelegt wurde, spricht die Dämpfung des Genesis eher komfortabel an. Selbst mit großzügiger 19-Zoll-Bereifung bewahrt der Koreaner meist die Contenance und nervt die Passagiere nur selten mit groben Schlägen.


Das Genesis Coupé macht seinem Namen „Grand Touring“ also alle Ehre. Lässiges Abreißen großer Distanzen und dabei die eigenen Lieblingslieder im Ohr, während der V6 die Bassline modelliert – das gefällt uns.

Doch all das hat auch seinen Preis. Kostet der 3.8er in der GT-Variante in den USA 28.500 USD Grundpreis, addiert sich noch ein stattliches Sümmchen, bis der Bolide mit deutschen Kennzeichen am Straßenverkehr teilnehmen darf. 35.000 EUR werden es mindestens sein und für diesen Preis muss sich der Hyundai einer starken Konkurrenz wie Nissan 370Z, Audi TT und Co stellen.

Genau hier scheint das Problem zu liegen: eigentlich sollte die Markteinführung in Europa schon im Sommer 2010 erfolgen, doch Hyundai hat noch keine näheren Informationen dazu gegeben. Gerade die offiziellen Preise werden mit Spannung erwartet, wie auch die Entscheidung, ob man den großen V6 tatsächlich importieren wird.

Lohnen würde es sich – der kleine Vierender alleine würde dem Genesis nämlich doch ein großen Teil seines Reizes rauben. Und genau darum sollte es ja eigentlich gehen.

Bilder: Florian Steinl

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