Gentleman-Express – das Jaguar XJ L Supersport Ringtaxi

Wenn ein Jaguar C-Type mit kräftigem Zwischengasstoß die Coca-Cola-Kurve anbremst und dann mit Vollgas im Powerslide auf Start-Ziel einbiegt um den ihn verfolgenden Ferrari 250 GT SWB abzuschütteln, dann ist wieder AvD Oldtimer Grand Prix am Nürburgring.

Eine Veranstaltung, bei der es nicht um die schönsten Hüte und den poliertesten Chrom geht, sondern um den Platz auf dem Treppchen. Ums Siegen. second place is the first loser. Die Wege zum Ziel könnten unterschiedlicher nicht sein. Hier sind es hochprofessionelle Teams, die mit teurem Spezialwerkzeug das seltene Rennmaterial vorbereiten, dort schraubt der Mann mit dem wallenden Bart und der unübersehbaren Liebe zum Feierabendbier im Zelt neben dem Familienkombi. Die Faszination am Fahren eint sie alle.

Und doch sind wir am vergangenen Wochenende in anderer Mission unterwegs gewesen, denn wir haben fahren lassen. Standesgemäß – im Jaguar XJ mit langem Radstand. Der Einstieg in den Fond ist allerdings beschwerlich. Was nicht etwa an der flachen Dachlinie des noblen Briten liegt, sondern vielmehr am großzügig quer durch den Innenraum verlegten Stahlrohr. Denn dieser XJ ist keine gewöhnliche Chauffeurs-Limousine, er ist das Jaguar Ringtaxi.

Keine gewöhnliche Limousine – ein echtes Ringtaxi.

Nachdem uns der freundliche Mechaniker beim Verstauen der eigenen Beine zwischen Kreuz- und Gurtstreben geholfen hat, die Vierpunktgurte unnachgiebig in den Schalensitze der zweiten Reihe halten und der Fahrer grünes Licht an der Zufahrt bekommt, geht es los. Mit mächtigem V8-Bass legt der XJ ab und die 510PS des nur mit Sport- und Speed-Pack verfeinerten Serienfahrzeuges schieben die Limousine vor dem ersten Anbremsen zur Hohenrain-Schikane bereits das erste Mal mühelos über 200km/h. Im Hatzenbach hat man dann alle Hände voll zu tun, seinen eigenen Beschleunigungssensor auf die ungewohnte Sitzposition weit hinten im Fahrzeug zu eichen – was den XJ derweil nicht davon abhält den ersten Golf R außen zu überholen. Entlang der Quiddelbacher Höhe sorgt der Kompressor dafür, dass der Vorsprung ausgebaut wird und die Kuppe am Flugplatz bringt den Briten ebenfalls nicht aus der Ruhe.

Als wir gerade fragen wollten, ob man an Bord auch essen und trinken dürfe, holt uns die Kompression der Fuchsröhre wieder in die Realität zurück. Denn auch wenn das Fahrwerk erstaunlich kommod ist dürfen wir nicht vergessen, dass der XJ gerade nicht unbedingt langsam auf der Rennstrecke unterwegs ist. Das Tempo zeigt sich im nächsten Moment, als beim harten Anbremsen im Forst das ABS ein erstes Mal auf sich aufmerksam macht. Trotzdem schiebt sich innen ein grauer MINI vorbei. Dessen unübersehbare Verbreiterungen lassen aber darauf schließen, dass der kleine Renner alles andere als seriennah ist. Und der Jaguar kann in den engen Passagen der Grünen Hölle sein Gewicht nicht einfach wegzaubern.

Zwei Tonnen sind nicht komplett zu verstecken – 625Nm helfen aber gut aus.

Zwar ist er dank Aluminiumkarosserie leichter als das Gros der Konkurrenz, zwei Tonnen mit Passagieren und vollem Tank müssen aber erst einmal gebremst und um die Ecke gewuchtet werden. Der lange Radstand trägt seinen Teil dazu bei dass der Abschnitt Kallenhard, Wehrseifen, Exmühle bis Bergwerk ein wenig, nunja, sagen wir: eckig zu durchfahren ist. Hinauf zum Klostertal ist der XJ aber wieder ganz vorne dabei. Die 625Nm schieben unbarmherzig den Berg hinauf und machen die vorher verlorenen Meter wieder gut. Durch das Karussell geht es dann ebenfalls erstaunlich behände. Überhaupt, in den weiten Bögen, die auf das Brünnchen folgen, macht der Jaguar richtig Eindruck. Keine übermäßigen Aufbaubewegungen, keine überforderten Reifen und der Fahrer muss am Lenkrad auch nicht hektisch arbeiten, soweit wir das aus der Ferne des luftigen Fondabteils beobachten konnten.

Beim Ausrollen auf der Döttinger Höhe überholt uns zwar der Golf vom Beginn der Runde, das haben wir aber mit der Gelassenheit echter Gentlemen hingenommen. Denn die Souveränität des XJ breitet sich sehr schnell auf die Insassen aus. Egal ob auf der Nordschleife, der Autobahn oder im Stau. Und an das gefahren werden können wir uns auch gewöhnen.

Am OGP waren nicht nur wir mit Jaguar unterwegs, sondern auch unsere geschätzten Blogger-Kollegen. Ihre Eindrücke und Fotos haben wir hier in alphabetischer Reihenfolge angehängt:

auto-diva.de.
auto-geil.de.
benzinimblut.com.
buzzriders.com.
bycan.de.
fanaticar.de.
iced-soul.de (in Englisch, hervorragende Bilder).
mein-auto-blog.de.
passiondriving.de.

radical-mag.com
rad-ab.com

Text: fm
Bilder: Jaguar